Ticketgangster

Und da sehe ich sie, die "Ticketgangster". Ich belausche sie und beobachte aufmerksam, was sie tun. Sie sprechen die scheinbar besser Betuchten an und bieten ihnen die Tickets für sage und schreibe 150 Dollar pro Karte an. Das sind ja Broadway-Preise! Zwei Touristen - erkennbar an Reiseführer und Rucksack - zögern zuerst, nehmen dann aber die Karten. Eine der beiden Damen von eben kommt auf mich zu. Ich berichte, was ich gerade erlebt habe. Sie entgegnet energisch, dass das nicht Sinn der Sache sei. Die kostenlosen Veranstaltungen seien für die gedacht, die es sich nicht leisten können, ins Theater zu gehen. Doch viele übernachten im Park und verdienen sich mit dem Verkauf der Tickets ein erhebliches Zubrot. Sie als echte New Yorkerin würde sich die Tickets nie kaufen, auch wenn sie es sich leisten kann, sagt sie verärgert.
Später in der Subway sitze ich einem jungen Paar gegenüber, das stolz seine Karten in der Hand hält. Ihr Übernachtungsgepäck liegt neben einem großen Schirm, denn heute Nacht hat es geregnet. Sie sehen übernächtigt, aber glücklich aus. Sie waren um Mitternacht in den Park gekommen, und jetzt erzählen sie mir, dass die, die nur kurz nach ihnen kamen, keine Karten mehr bekommen haben.
Ich sollte versuchen, mich im Internet zu registrieren, um an Karten zu kommen. Man kann sich am Vortag in der Zeit von 24.00 Uhr bis 1.00 Uhr nachts ein-loggen und an einer Verlosung teilnehmen. Mittags erfährt man online, ob man Glück hatte. Das ist einfacher, denn ich möchte bestimmt nicht im Park schlafen. Insgesamt habe ich jedoch den Eindruck, dass das Übernachten im Park an sich schon ein großes Event ist. Und auch hier wieder die Gegensätze: Zeit ist den New Yorkern kostbar. Aber für "Shakespeare in the Park" verbringen sie eine Nacht und einen halben Tag im Central Park. Das beeindruckt mich. Ich würde mich nie so lange anstellen. Außerdem ist mir das Wetter zu unbeständig.